"Frauen sind wählerisch" ... eine geschlechtsspezifische Analyse der Landtagswahl

„Frauen sind wählerisch…eine geschlechtsspezifische Analyse der Landtagswahl
vom 06. Mai 2012“

Als wesentliche Determinanten für das Wahlverhalten galten lange Jahre Konfession, Berufszugehörigkeit oder die regionale Herkunft. Bereits im Jahr 2000 hat die Landesarbeitsgemeinschaft der hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten erstmalig die Forschungsgruppe Wahlen aus Mannheim gebeten, die damaligen Landtagswahlergebnisse unter dem Gesichtspunkt des Merkmals „Geschlecht“ auszuwerten - für die Fachleute überraschendgab es tatsächlich Unterschiede.

Im Rahmen der Vollversammlung in Schleswig informierten sich genau einen Monat nach dem Urnengang in Schleswig-Holstein rund 40 Gleichstellungsbeauftragte und Gäste über geschlechtsspezifische Aspekte der Landtagswahl 2012. Deutlich wurde: wieder wählten Frauen und Männer unterschiedlich.

Die eingeladene Referentin der Forschungsgruppe Wahlen, Michaela Langner, zeigte z.B. die unterschiedliche Bewertung der Problemfelder in Schleswig-Holstein auf: Einigkeit besteht bei Frauen und Männern noch bei Platz 1 der Liste: Schule und Bildung. Während bei Männern danach die Verschuldung und die Arbeitsplätze folgen, ist die Reihenfolge bei den Frauen genau andersherum. Außerdem bewerteten die Frauen diese beiden Aspekte als deutlich weniger dringlich als die Schul- und Bildungsfrage. Platz 4 nimmt bei den Wählerinnen das Aufgabenfeld Familie, Jugend und Kinder ein. Dieses Handlungsfeld findet sich bei den Wählern erst auf Platz 9.
Wissenschaftlerin Langner erläuterte, dass der größte Unterschied der Bewertung der Parteien bzw. möglichen Koalitionen bei einer Koalition von SPD, Grünen und SSW bestand: 34% der befragten Männer bewerteten diese Koalitionsoption als gut – aber 45% der befragten Frauen.

Und das zeigte sich auch im Wahlverhalten der Frauen. Während die CDU unter den Wählerinnen überdurchschnittliche Verluste verzeichnen musste und die SPD leichte Gewinne erzielen konnte, erreichten vor allem die Grünen einen deutlichen Zuwachs von Frauen-Stimmen. Sie wurden diesmal zu 60% von Frauen gewählt, die SPD zu 52%.

„Es bleibt zu hoffen, dass die neue Landesregierung sich dieses Umstandes bewusst ist und den Vorstellungen ihrer Wählerinnen Rechnung trägt.“ so Karin Petersen-Nissen, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Schleswig. Angesichts der übersichtlichen Anzahl von Frauen in der Führungsriege der letzten Landesregierung und der massiven Einsparungen im frauenpoltischen Bereich, die u.a. zur Schließung des Schleswiger Mädchentreffs führten, bedürfe es geschlechtergerechter Lösungen in allen Politikfeldern.“

Weniger weiblichen Zuspruch fand die Partei der Piraten. Auch in Schleswig-Holstein erreichten sie in erster Linie junge Protestwähler, der Frauenanteil lag bei 40%. Handlungsbedarf in Sachen „Frauen und Politik“ sehen die Gleichstellungsbeauftragten nach dem Vortrag noch immer in Bezug auf das von den Frauen in Befragungen geäußerte deutlich geringere Interesse an Politik und den Landtagswahlen. Denn nach der Wahl ist vor der Wahl: Im Mai 2013 werden die Kommunalparlamente neu besetzt und die Weichen gestellt für die Entwicklung in Ämtern, Städten und Kreisen des Landes Schleswig-Holstein. Die Gleichstellungsbeauftragte berieten deshalb im nicht-öffentlichen Teil der Vollversammlung auch gemeinsame Aktivitäten zur Kommunalwahl. Denn wenn Frauen auch wählerisch sind: am 26. Mai 2013 ist einmischen erneut erwünscht!

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