Presseerklärung zu Sparplänen der GB Amt Südtondern

Presseerklärung der Gleichstellungsbeauftragten des Amtes Südtondern,
Sylke Emmermann zu den aktuellen Sparplänen

Sparzwänge mit Maß und Ziel

Spare in der Not, dann hast Du in der Zeit –

oder

Spare in der Not, dann hast Du Zeit dazu…………..

So müsste der altbekannte Spruch aus Kindertagen Sinn entstellend verdreht werden, um die aktuelle Situation treffend beschreiben zu können. Sparen – das lernt man früh - muss sein. Gerade als Frauen hat man dafür durch vielerlei Sachzwänge einen besonderen Blick. Gesamtgesellschaftlich, aber auch in meiner Funktion und aus meiner Erfahrung als Frau und Gleichstellungsbeauftragte des Amtes Südtondern sind es die Sparvorschläge der Landesregierung, die mich zu einer Presseerklärung bewogen haben, denn in Sachen Gleichstellung ist noch lange nicht alles im Lot !

Der Staat, das Land Schleswig-Holstein, hat kürzlich ein Sparpaket auf den Weg gebracht, das für viel Unmut und Missverständnis sorgt, obwohl wir doch alle die Sparzwänge kennen und wissen, dass wir nicht gut hausgehalten haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten.

Seitens vieler Politikerinnen und Politiker wird verkündet, wir hätten über unsere Verhältnisse gelebt – offen bleibt dabei die Frage wer „Wir „ sind ? Jeder Einzelne von uns ? Diese Pauschalierung mutet doch als etwas merkwürdig an. Alle Leistungsempfänger/innen und nicht Erwerbstätigen, Frauen besonders ?

Wie kommt eine Definition überhaupt zustande ?

Objektiv betrachtet stehen all diejenigen besonders im Fokus, die staatliche Leistungen erhalten und warum ? Weil sie über ihre Verhältnisse gelebt haben ? 

Mir als langjährig Tätige in diesem Bereich mutet dass Alles etwas sehr oberflächlich gedacht an . Natürlich kann man politisch argumentieren, die staatlichen Leistungen sind es, die die öffentlichen Haushalte über Gebühr im wahren Sinne des Wortes belasten. Aber darf das ein wirklicher Grund sein, in dieser Form hier besonders den „Sparhebel“ anzusetzen ?

Es ist nicht damit getan, die weibliche Form in der Gemeindeordnung und sonstigen Papieren zu nutzen, wenn es die Frauen sind, die in vielen Bereichen die Hauptlast der Gesellschaft tragen, sich mit Niedriglöhnen – oft trotz guter Ausbildungen – über Wasser halten müssen. Das neue Scheidungsrecht ermöglicht noch mehr „Unverantwortung“ und wird dazu noch mit der angeblich bereits durchgesetzten Vereinbarkeit von Familie und Beruf begründet.

Wenn wir uns von Beratungsstellen, die oft unverschuldet in Not geratenen oder Hilfesuchenden anbieten, verabschieden, wenn Kontakte und Projekte in der Gesellschaft nicht mehr möglich sind, wird das m. E. ganz gewiss nicht dazu führen, dass wir die in den Fokus geratene und dem Staat zu Last fallende Klientel verlieren, sondern dass Menschen, besonders Familien weiter auf der Strecke bleiben. Wir treffen die sog. Gescheiterten spätestens dann wieder, wenn es um die Altersversorgung geht.

Strukturen zu zerschlagen, ist ein Ansatz – nachhaltige Politik zu machen, allerdings Verpflichtung !

Eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung besteht nicht nur für die handelnde Generation, sondern ebenso im Blick auf nachfolgende Generationen. Agieren muss Ziel und Zweck einer verantwortungsvollen Politik sein, nicht das willkürlich anmutende Streichen von Projekten und vermeintlich überflüssigen Strukturen.
Wer legt den Maßstab dafür fest, was wo überflüssig ist ?
Darf der Maßstab sein, dass wir über unsere Verhältnisse gelebt haben ?
Gerade als Gleichstellungsbeauftragte eines ländlichen Amtes sage ich dazu Nein, denn Alle Menschen verdienen gleichermaßen Respekt, Wertschätzung und Hilfestellung. Hilfestellung bedeutet natürlich nicht automatisch auch die dauerhafte Inanspruchnahme von staatlichen Leistungen, aber niemand wird das darunter auch ernsthaft verstehen wollen. Gefragt ist stattdessen aktive Hilfestellung für ein selbstbestimmtes und damit auch selbst finanziertes Leben.

Die zunehmende Polarisierung und weitere Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich – vielleicht in Gut und Böse – wird auf Dauer sozialen Unfrieden bringen. Politik ist kein Dogma und darf dazu auch nicht verkommen.
Meiner Meinung nach sind wir in einer Zeit angekommen, die weiter als bisher den Blick von Parteien hin zu einem gemeinsamen wertschätzenden Dialog über Wichtiges und Notwendiges führen muss.
Gesellschaftliche Entwicklungen im sozialen und familiären Bereich bieten sich dazu an, kritisch beleuchtet zu werden. Verlässlichkeit füreinander in Familien ist oberstes Gebot. Die verlorenen gegangenen Werte dürfen hin und wider auch bedauert werden, allerdings ist die Lebenssituation heute wie sie ist, dafür gibt es auch gesellschaftliche Gründe: Familien haben sich verändert und bei vielen

Politikerinnen, Politikern und Managern stehen nicht Werte, sondern Schamlosigkeit und Gewinnmaxime im Vordergrund.

Das diese Einstellung gesamtgesellschaftlich bedenklich ist, immer noch und immer wieder besonders zu Lasten der Frauen geht, ist offensichtlich, denn sonst wären nicht sie es, die durch Niedriglöhne etc. nicht nur im Arbeitsleben oft hinten an stehen, sondern auch von Alternsarmut ganz akut betroffen sind.
Es gibt genügend Daten, Fakten, statistische Erhebungen dazu. Die nun auch wieder mit höheren Kosten verbundene Kinderbetreuung ist noch nicht flächendeckend umfassend vorhanden, um Arbeit und Beruf koordinieren zu können. Familienfreundliche Betriebe gibt es nicht überall.
Die Liste von kritischen Argumenten könnte mit vielen Punkten erweitert werden als Schlusssatz bleibt mir als Gleichstellungsbeauftragte des Amtes Südtondern :

Sylke Emmermann: Sparen ja, aber nicht um jeden Preis und an der falschen Stelle. Wenn Einrichtungen und finanzielle Hilfen für Frauen, für Familien und Hilfeempfänger dem Rotstift zum Opfer fallen, werden bei langfristiger und nachhaltiger Betrachtung die vermeintlichen Einsparungen zu wesentlich höheren Kosten in der Zukunft führen. Dies gilt es durch gezielte Förderung und genaue Analyse möglicher Sparpotenziale zu verhindern.

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